Nachdem ich mich bereits von meiner Familie verabschiedet hatte, war ich die letzten Tage in Gedanken bereits auf dem Weg nach Winterthur. Mit etwas Verspätung ging es gestern um 7:30 Uhr los. Da wir gut durchgekommen sind, hatten wir genug Zeit, um ein paar Pausen zu machen.

Nach rund vier Stunden haben wir die österreichische Grenze erreicht. Wie viele wissen, gibt es in unserem Nachbarland auf den Autobahnen die Vignettenpflicht. Für 8,70 Euro haben wir deshalb eine 10-Tages-Vignette gekauft, da wir zuvor bei Google Maps gesehen hatten, dass wir durch Österreich fahren. Das Geld hätten wir uns sparen können – das Navi hat uns ausschließlich über Landstraßen gelotst. Das einzig Tröstliche: Für das Geld hätten wir in Winterthur nicht mal einen Döner oder eine Pizza bekommen.

Eine halbe Stunde später war der Grenzposten in St. Margrethen in Sicht. Kontrolliert wurden wir nicht, das hat uns wieder etwas Zeit verschafft. Auf dem Rastplatz Thurau wurde ich zum ersten Mal mit dem Schweizer Dialekt konfrontiert. Nachdem ich die Toiletten die “Stägeli ab” gefunden habe, lagen nur noch wenige Kilometer bis Winterthur vor uns. Begleitet wurden wir auf diesen von Radio Top – verstanden haben wir wenig, aber es klang lustig. Wenn ihr zur vollen Stunde mal in den Livestream reinhört, kann ich vor allem den Wetterbericht empfehlen. Der ist nämlich – im Gegensatz zu den Nachrichten – im vollen Dialekt moderiert.

0911 AmpelIn der Stadt angekommen, war ich sehr froh, dass ich nicht am Steuer sitzen musste. Die vielen gelben Symbole und Linien verwirren mich total. An fast jeder Ampel gibt es eine Art gelben Zebrastreifen, das bedeutet aber nicht, dass man einfach gehen kann – man muss trotzdem warten bis die Ampel grün wird. Bei regulären Zebrastreifen – die genauso aussehen – sollte man beachten, dass es die Fahrer mit dem Anhalten nicht so genau nehmen. Auf unserem Weg in die Stadt haben uns gestern die vielen Baustellen und daraus folgenden Umleitungen in Winterthur einige Zeit gekostet. Da auch die angekündigten Parkplätze gegenüber dem Haus alle belegt waren, wurde es dann zeitlich eng, obwohl wir eigentlich rechtzeitig in Winterthur angekommen waren.

Als wir endlich einen Parkplatz in der Nähe meines Camps gefunden hatten, wurde mir schnell klar, dass wir bei den Parkgebühren auch gleich einen eigenen Parkplatz hätten mieten können. Pro Tag fallen hier 33 CHF (29 Euro) an. Da mein Freund ein paar Tage hier verbringen wird, habe ich sogar mit dem Gedanken gespielt, am letzten Tag zu behaupten, wir hätten das Ticket verloren. Das hätte uns nur 50 CHF (45 Euro) gekostet. Aber ich bin ja ein ehrlicher Mensch – vor allem, nachdem wir einen (geringfügig) günstigeren Parkplatz gefunden haben.

0911 TürmliUm 13:40 Uhr war es dann soweit: Die Dame der Hausverwaltung hat mir mein Zimmer und das Haus gezeigt. Gewöhnen müssen werde ich mich definitiv an die Gemeinschaftstoiletten und -duschen. Wobei es auf meinem Stockwerk gar keine Dusche gibt. In der Hausordnung für mein Wohnheim heißt es übrigens: “Duschen […] dürfen jederzeit von allen Bewohnern der zugehörigen Etage benutzt werden. Die restlichen Bewohner benötigen die Einwilligung eines Bewohners dieser Etage.” Ob ich jetzt jedes Mal eine “Dusch-Genehmigung” brauche, weiß ich noch nicht. Den Camp-Präsidenten, der mir alles erklären soll, habe ich bisher noch nicht angetroffen.

0911 FensterDas “Camp Türmlihuus” selbst ist schnell beschrieben: Es liegt in zentraler, verkehrsgünstiger Lage.  Das Zimmer ist landestypisch eingerichtet. Die Bushaltestelle befindet sich in unmittelbarer Nähe und in wenigen Minuten kommt man zu Fuß zum Bahnhof. Seinen Namen hat das Wohnheim vom runden Turm, der auf dem Foto zu sehen ist.

Da ich mich für 15 Uhr mit meinem “Buddy” verabredet hatte, mussten wir uns beeilen, um zumindest die nötigsten Sachen aus dem Auto zu holen.  Die Schlepperei hat mir vor Augen geführt, dass sich 500 Meter richtig ziehen können.

Wie vereinbart hat mir Omar, mein Buddy, die Hochschule und die Altstadt gezeigt. Außerdem hat er mir ein paar Tipps gegeben – beispielsweise wo ich Geld holen und günstig einkaufen kann. In den vielen kleinen Straßen der Altstadt findet man unzählige kleine Cafés und Restaurants, die, zur Verwunderung meines Freundes, fast alle Gratis-WLAN anbieten. Laut Omar gehört das hier einfach dazu. Er war verwundert zu hören, dass wir sowas in Deutschland nicht bzw. nur vereinzelt haben. Omar war mit mir auch noch bei Aldi Suisse. Dort habe ich mir eine Prepaid-Karte für mein Handy geholt. Ein Mitstudent aus Eichstätt, der sein Auslandssemester ebenfalls in Winterthur verbringt, hat mir in Deutschland schon gesagt, dass es dort den billigsten Tarif gibt. So kann  ich weiterhin den Kontakt zu meinen Freunden und meiner Familie halten.

 


 

Erster Tag an der ZHAW

0911 Gebäude SMHeute haben wir Austauschstudenten uns um neun Uhr an der ZHAW getroffen. Beim Einführungstag haben uns die Studiengangsleiter Infos über die Studiengänge Kommunikation und Sprachen gegeben. Außerdem haben wir eine kleine Stadtralley zu verschiedenen Standorten der ZHAW gemacht. In meiner Gruppe waren noch zwei Spanierinnen. Während ich die Landsleute schon kaum verstanden habe, wenn ich sie etwas gefragt habe, waren die beiden mit dem schweizerischen Dialekt fast komplett überfordert.

Zum Mittagessen waren wir dann vom Departement in ein Restaurant eingeladen. Es gab Rös(ch)ti, ein landestypisches Gericht aus Kartoffeln und – in meinem Fall – Speck und Käse. Zur Vorspeise hatten wir außerdem eine richtig leckere Lauchsuppe und zum Nachtisch gabs für mich einen Erdbeer-Frappé. Vom Rös(ch)ti selbst habe ich die Hälfte mit nach Hause genommen, da die Portionen für eine Person viel zu groß waren. So konnte mein Freund auch noch probieren.

Am Nachmittag war ich noch beim Einwohnerkontrollamt, um mich in der Schweiz zu melden. Tut man das nicht, riskiert man hohe Strafen – darauf hat mich mein Departement schon im April nach meiner Immatrikulation hingewiesen. Von meinem Eichstätter Mitstudenten habe ich erfahren, dass ich ein Passfoto brauche, weshalb ich am Mittwoch extra noch bei DM mein Foto ausgedruckt habe. Das hätte ich mir sparen können, da mein Bild nicht biometrisch war. Also habe ich mir am Empfang des Amts erklären lassen, worauf ich achten muss, bin mit meinem Freund zum nächsten Passbildautomaten und habe für 8 CHF erstklassige Verbrecherfotos machen lassen. Der Automat ist übrigens auch ein Verbrecher – er gibt nämlich kein Rückgeld. Wenigstens war er so nett, mich vorher darauf hinzuweisen.

Gerade haben wir noch ein paar schöne Fotos für den Blog gemacht und sind jetzt sehr froh, noch rechtzeitig zurück zum Zimmer gekommen zu sein. Draußen schüttet und gewittert es so sehr, dass man schon fast von Aquaplaning sprechen kann. Deshalb schicke ich jetzt trockene Grüße in die Welt und verabschiede mich für’s Erste 🙂

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